Kuna Yala

Am 23. Februar kommen wir in Porvenir, der nordöstlichsten Insel des autonomen Gebietes der indigenen Kuna an. Außer Palmen und Sandstrände gibt es auf dieser Insel eine nicht verwendete Landebahn und ein Verwaltungsgebäude mit vier Räumen. Im ersten dieser Räume ist die Polizei Panamas untergebracht mit Guerilleros in tarnfarbenen Anzügen wie in Hollywood-Filmen, im nächsten Zimmer ist ein Immigrationsbeamter, daneben ein Raum für die Marinebehörde sowie ein Raum mit jungen „Beamtinen“ des Congresso, der Versammlung der Kuna. In jedem dieser Räume muss eine Vielzahl von Formularen ausgefüllt und Dollar-scheine hingeblättert werden. Um vierhundertsechzig Dollar erleichtert und mit den Durchschlägen der Formulare ausgestattet, verlassen wir die Behördeninsel und können nun den Archipel erkunden gehen.

 

Kurz nach dem Ankermanöver vor Nalunega, der nebenan liegenden Dorf-Insel kommt ein Einheimischer mit seinem Einbaum zu uns herangerudert und begrüßt uns gemeinsam mit seinem kleinen Sohn sehr freundlich. Nestor lädt uns ein unser Beiboot neben seiner Hütte festzumachen und verspricht uns alles was wir brauchen im Dorf zu besorgen. Tatsächlich führt er uns kurze Zeit später quer durch sein geniales Dorf. Zu kaufen gibt es leider nicht alles, was wir bräuchten, aber wir sind vom Dorf dennoch sehr angetan. Die meisten Hütten sind traditionelle Kuna-Häuser. Sie bestehen aus einem Skelett aus Hartholz aus dem Regenwald am Festland, Dächern aus dicht aneinander gebundenen Palmblättern und Wänden aus stehenden Zuckerrohrstäben, die mit Schnüren aus Schlingpflanzen aneinandergebunden werden. Nur einzelnen Gebäuden wurde ein Blechdach verpasst. Zum Beispiel dem Supermarkt in dem wir auf das frische Brot warten müssen. Die Hitze in dieser Blechkiste ist kaum auszuhalten, ganz im Gegensatz zu den angenehm kühlen Räumen der traditionellen Häuser. Wegen der salzigen Meeresluft rosten diese Dächer auch in wenigen Jahren und erreichen die Lebensdauer der traditionellen Dächer nicht. Komisch dass auch hier „moderne“ Errungenschaften komplett unreflektiert übernommen werden.

 

Nach der Erkundung der Insel und den rudimentären Einkäufen werden wir von Nestor dazu eingeladen bei ihm zu Abend zu essen.  Gemeinsam mit der australischen Crew der Lady Amity, die wir zufällig schon in Gibraltar kennen gelernt hatten, verbringen wir einen netten und interessanten Abend bei Nestor. Es gibt gegrillten Fisch mit Kokosreis und frittierter Brotfrucht. Lecker!

 

Am darauf folgenden Tag starten wir zu unserer Rundfahrt durch Kuna Yala. Der erste Stopp schon nach wenigen Meilen sind die „Lemon Cays“, einer nur spärlich besiedelten Inselgruppe mit traumhaften Stränden und Kokospalmen. An diesem Ankerplatz backen wir wieder einmal einen Kuchen und laden unsere Ankernachbarn von der Bellatrix und Momo, beides deutsche Boote, zu Kaffee und Kuchen ein. Wir bekommen viele wichtige Tipps zu diesem Segelrevier. Am entscheidendsten ist vielleicht die Frequenz des „Panama Connection Net“. Allmorgendlich werden Infos aller Art ausgetauscht und man lernt jede Menge anderer Segler kennen. Auch wir tauchen kurz darauf so richtig in die bunte „Community“ ein.

 

An unserer nächsten Station, dem „Swimming Pool“ neben der „BBQ-Island“ werden uns die schönsten Schnorchelgebiete gezeigt und wir verbringen die Nachmittage und Abende auf der Trauminsel bzw. verschiedenen Booten bei Drinks und Segelgeschichten. Die Vielfalt der Unterwasserwelt ist atemberaubend und die Wasserfarbe um unser Boot richtig kitschig türkis. Fisch, Gemüse und Hummer werden uns von den freundlichen Kuna direkt ans Boot geliefert.

 

Einem Zwischenstopp in Nargana, einem Dorf das die Traditionen der Kunas fast vollständig aufgegeben hat, verdanken wir unsere hiesige Sim-Karte und  dadurch rudimentärem Internet. Die Siedlung hat nichts mehr vom Charme der traditionellen Dörfer. Es ist eine Ansammlung zerbröselnder Betonbunker, die in den Lärm des stinkenden Generators eingehüllt und von einem Meer aus Plastikmüll umgeben ist. Wir verlassen am nächsten Morgen den Ankerplatz fluchtartig.

 

Erholung finden wir am wenige Meilen entfernten Ankerplatz in „Cambombia“. Gemeinsam mit der englisch/kanadischen Crew der „Spirit of Argo“ und der wieder getroffenen Crew der Bellatrix erkunden wir weitere, traumhafte Schnorchelgebiete.

Wir genießen das hiesige Kokosbrot und bestaunen einen Schweinestall überm Wasser.

Hier nehmen wir auch die anstehende Reparatur des Großsegels in Angriff, was uns zwei Tage kostet.

 

Gegen Ende unserer dreieinhalb wöchigen Reise durch Kuna Yala besuchen wir die Carti-Inseln. Es handelt sich um dicht bebaut und bewohnte, traditionelle Dorfinseln der Kuna. Auf einer der Inseln gibt es ein interessantes Museum, das uns in die Traditionen und Geschichte der Kunas einführt (Siehe Kuna-Bericht). Nach dem Vortrag des Museumsbetreibers bekundet Kathi Interesse an den bunten, Blusen mit Molas (traditionellen Stickereien). Dies löst einen Menschenandrang im Museum aus. Die Frauen des Dorfes laufen zusammen um Kathi ihre Kunstwerke anzubieten. Leider stellt sich heraus, dass Kathis Kopf zu groß ist und nicht eine der Blusen passt. Erst jetzt fällt uns auf wie zierlich die Menschen hier sind. Die Frauen sind durchwegs einen Kopf kleiner als Kathi.

 

Die letzten unvergesslichen Eindrücke der Gegend holen wir uns in Akuadup, einer sehr ursprünglichen Insel mit schönen Häusern, kleinen Gärten mit Bananenstauden und wie in allen Dörfern jeder Menge freundlicher Kinder die durch die Sandwege streifen.

 

Zum Abschied gibt es noch ein Mal etwas Bürokratie in Porvenir. Am (viel zu frühen) Morgen des 19. März verlassen wir Kuna Yala und segeln die 56 Seemeilen in westlicher Richtung entlang der Küste nach Portobello.

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Kommentare: 5
  • #1

    Alexander (Sonntag, 27 März 2016 21:39)

    Klingt wirklich größtenteils sehr idyllisch; anscheinend ein noch recht wenig besuchter Teil unserer Erde.
    Hab jedenfalls noch nie davon gehört.
    LG

  • #2

    norbert (Sonntag, 27 März 2016 21:41)

    hi wolfi,
    seid wohl schon ein halbe jahr unterwegs , nicht war?
    Die bisher gewonnenen eindrücke reichen eh schon für ein ganzes leben, hoffe ihr habt spaß und sammelt noch mehr davon.
    weiter so,
    norbert

  • #3

    Vati (Sonntag, 27 März 2016 21:57)

    Wie sprechen die Eingeborenen ? - spanisch ?

    Das Problem mit dem Fortschritt ist dass man die Nachteile selber erfahren muss - in unserer sogenannten 1. Welt gibt es dafür wohl Beispiele genug .

    Aber ihr habt jetzt einen Teil der Welt gesehen wo man nicht oft hinkommt - irgendwie glaube ich ja dass das der Sinn der Reise ist . Die touristischen Highlights die ja auch nicht uninteressant sind kann man ja dann mit dem Flugzeug auch später einmal sehen.

  • #4

    Wolfgang (Montag, 28 März 2016 05:34)

    @Alexander: die Gegend ist noch sehr wenig touristisch entwickelt, ja. Aber es ändert sich jetzt rasch, seit 5 Jahren gibt es nämlich Satteliten-TV.
    @Norbert: Wir sind wirklich sehr glücklich über all die Eindrücke, die wir bisher sammeln durften...
    @Mirko: Die Einheimischen können alle spanisch und z.T. auch englisch. Ihre Muttersprache ist aber Kuna. Ja genau solche Gegenden und Eindrücke
    sind eigentlich das Ziel der Reise.

  • #5

    Helene (Dienstag, 29 März 2016 09:11)

    Klingt nach tollen Erlebnissen, das die Einheimischen so gastfreundlich sind ist toll. Und dass es in der Segel Community üblich ist einander zu helfen ist scheinbar auch wichtig und toll. Da lernt man sicher auch spannende Geschichten kennen.
    Das Katharina mal wo nicht rein passt... haha.