Überfahrt nach Tonga

Sonnenaufgang am Ende der Welt
Sonnenaufgang am Ende der Welt

Die sonst so angenehm entspannte Atmosphäre in französisch Polynesien sieht man plötzlich von einer anderen Seite wenn man etwas z.B. von einer Behörde braucht. Das Ausklarieren vor der Abfahrt dauert in anderen Ländern nur wenige Minuten in französisch Polynesien wird es zum wahren Stolperstein für uns. Ordnungsgemäß füllen wir die Zettelwirtschaft aus und schicken alles nach Papeete. Darauf hin werden wir drei Tage lang hingehalten und unverrichteter Dinge wieder von dannen geschickt. Erst als es uns zu blöd wird und wir in der Gendarmerie Wachstube sitzen bleiben und unsere mitgebrachten Bücher lesen kommt Bewegung in die Sache und nach weiteren zwei Stunden warten haben wir unsere Ausklarierungspapiere sowie den Stempel im Pass.

 

Das Boot ist mit Wasser, Sprit, Gas und Lebensmitteln gefüllt. Der Wetterbericht kündigt ein breites, stabiles Passatwind-Band für ca. eine Woche an. Es kann also los gehen.

Wir legen am Mittag des 20. April von Raiatea ab und gehen auf Kurs in Richtung Tonga. Der Wind bläst kräftig aus Südosten und beschert uns tolle Etmale (in 24 h zurückgelegte Strecke) von bis zu 138 sm. Am zweiten Tag haben wir einen schönen kleinen Tunfisch an der Angel, beim leider etwas zu zögerlichen Einholen verheddert sich der Haken in unserer Windsteuereinrichtung, was dem Fisch die Gelegenheit bietet sich loszureißen und auf nimmer Wiedersehen in den Fluten zu verschwinden. Am vierten Tag auf See verschlechtert sich das Wetter, Dauerregen setzt ein. Wir müssen die meiste Zeit in der stickigen Kabine verbringen. Ein Lüften ist nur sehr eingeschränkt möglich, weil man nicht riskieren will, eine Ladung Salzwasser in die Kabine zu bekommen. In den Nächten ziehen jetzt jede Menge so genannte Squalls durch (Regenböen). Das bedeutet ständiges Reffen und Ausreffen (Segel vergrößern und wieder verkleinern) sowie Kurskorrekturen. Unsere Nachtschichten verlaufen leider nicht so gemütlich wie auf den bisherigen Langstrecken. Außerdem kommt es ständig zu Winddrehern. Vom vorherrschenden SO- O Wind dreht es nach Nord und beginnt zu regnen. Dann dreht der Wind weiter über West nach Süd und frischt auf. Einige Zeit später dreht er dann wieder auf den üblichen SO-Wind zurück. Einige Stunden bis Tage später wiederholt sich das ganze Spiel. Der Wetterbericht kündigt diese Kapriolen nicht an und ist (bis auf die Zyklonwarnungen) auf dieser Strecke praktisch nutzlos. Diese ungemütlichen Bedingungen kommen nicht ganz unerwartet. Auf dieser Strecke durchquert man die sogenannte ITCZ (Innertropische Konvergenzzone) wo genau solche Bedingungen zu erwarten sind. Glücklicher Weise ist genau am 27. April, an Wolfis Geburtstag das Wetter ruhig und Kathi hat heuer keine Probleme mit dem Geburtstagskuchen.

 

Eines Nachts versperrt ein sogenannter Phaeton (Seevogel mit Rennstreifen seitlich und langer Schwanzfeder) der Kathi den Weg zum Steuerrad. Wolfi wird geweckt und soll was machen! Er versucht mit einem Schafferl bewaffnet den Vogel achtern aus dem Cockpit zu vertreiben und über die Badeplattform ins Meer zu befördern. Statt sich verjagen zu lassen setzt sich der blinde Passagier einfach ins Schafferl. Etwas unsanft wird er darauf hin seitlich über die Reling gekippt und platscht ins Wasser. Verblüffender Weise ist damit die Episode nicht beendet sondern der „angry bird“ startet aus unserem Kielwasser und fliegt einen Frontalangriff auf Wolfi. Dieser zieht sich geistesgegenwärtig das Schafferl als Helm über den Kopf bevor der Vogel einschlägt und das Plasik splittert. Tagelang sitzt unser Begleiter noch am Vorschiff oder umkreist das Boot. In das Cockpit wagt er sich allerdings nicht mehr.

 

Am elften Tag knattert unsere Angelrolle wieder los. Diesmal sind wir besser vorbereitet und ein beherzter Zug an der Leine befördert einen ca. 60 cm langen Wahoo in unser Cockpit. Damit sind die nächsten Tage kulinarisch gerettet. Mit Cocosreis als Beilage lassen wir es uns so richtig schmecken.

 

Am Tag vor der Ankunft in Vavau, Tonga überqueren wir den 173. Längengrad und haben damit die halbe Welt umsegelt. Mit der Ankunft in Tonga überschreiten wir auch noch die Datumsgrenze. Das ganze ist wesentlich unspektakulärer als befürchtet. Unsere Smartphones stellen sich automatisch richtig, wir verlieren offiziell einen Tag und sind nun die ersten weltweit die den neuen Tag begrüßen. Am Nachmittag des 12. Tages unserer Überfahrt nach 1352 sm erreichen wir den perfekt geschützten Naturhafen von Neiafu, dem Hauptort der Vavau-Gruppe.

 

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Kommentare: 5
  • #1

    Helene (Freitag, 05 Mai 2017 07:22)

    Ui das klingt ja nach einer abenteuerlichen Überfahrt! Sind die Wellen dann auch höher oder unangenehmer oder muss man "nur" mehr tun?
    Das ein Vogel so aggressiv wird? Da hatte Wolfi wirklich Glück und gut reagiert!
    Hm also das mit der Datumsgrenze hätte ich mir auch spektakulärer erwartet... andererseits das da kein Schild herumschwimmt ist auch klar :) und das alles noch reibungslos funktioniert ist ja auch gut!

  • #2

    Vati (Samstag, 06 Mai 2017 20:23)

    Interessante Tierbegegnungen - Phaethone verbringen die meiste Zeit des Lebens in der Luft und sind, weil sie kaum mehr ungefährdet brüten können, vom Austerben bedroht (laut Wikipedia) - eigentlich ein tapferer Vogel obgleich ein Schnabelhieb ohne Plastikhelm eine ziemliche Kopfwunde hinterlassen hätte - Gott sei Dank gut ausgegangen.
    Und euer Fisch gehört zu den schnellsten Fischen der Welt - mit 80 km/h überholt er euer Boot wie nichts - hat er gut geschmeckt ?
    Wie hoch waren die Wellen die man am Bild sieht ?

  • #3

    Alexander (Samstag, 06 Mai 2017 23:06)

    Also die Gefahr lauert, wo man es gar nicht vermutet. Eigenartiges Verhalten....der Versuch ein Nest zu bauen?
    Die ständig sich ändernden Wetterbedingungen waren wohl eine Herausforderung...da ist der in der Früh vergessene Regenschirm, der einen abends durchnässt nach Hause kommen lässt, ja nichts dagegen....Liebe Grüße aus dem witterungsmäßig auch recht unbeständigem Wien

  • #4

    Dani (Samstag, 13 Mai 2017 18:06)

    Hi Kathi! Immer wieder spannend euer Blog-fast wie die Wiener Gesundheitspolitik�
    Wisst ihr eigentlich schon eure Route heim- kapstadt oder rotes meer?
    Hab gerade "kathena" von wilfried erdmann gelesen-erster deutscher einhandweltumsegler...sein indischer ozeanteil war sehr spannend (papua-kapstadt) drum bin ich schon gespannt was ihr erlebt. würd mich über ein paar nautische blogeinträge freuen( erfolge/misserfolge der navigation- eure schönste kreuz oder raumschoterfahrung) es gibt eine kleine gruppe segler um mich die interesiert mitlesen....finanzabrechnung des zweiten segeljahres sehnlichst erwartet.
    go kawolfi go

  • #5

    Wolfi (Mittwoch, 17 Mai 2017 00:05)

    Die Wellen waren maximal 3M also nicht wirklich schlimm. Aber sehr konfus und ungemütlich. Danke für die Infos über unsere tierwelt. Der Plan ist ums Kap zu fahren. Gewünschter Blog ist im werden...