Massentourismus im Paradies

Eines ruhigen schönen Tages liegen wir vor Anker vor Mystery- Island in Vanuatu. Wir haben es uns im Cockpit gemütlich gemacht und schauen auf das in blau Türkisen Farbtönen schimmernde Meer. Aus den weißen Schaumkronen hebt sich ein größerer Fleck ab. Wenige Minuten später gibt es keinen Zweifel mehr. Es handelt sich um ein schneeweißes Kreuzfahrtschiff. Bald sieht man den hohen Bug mit schäumender Bugwelle schnell größer werden. Kurze Zeit später fällt der Anker und der Koloss dreht in den Wind. Er zeigt uns seine bedrohlich wirkende Breitseite. Das Ding erinnert am ehesten an einen Borg-Kubus aus Startrek. Wir wären nicht überrascht gewesen über die "hailing frequencies" (Funkgerät) den legendären Spruch zu vernehmen: "We are the Borg. Resistence is futile"
Kaum hält der Anker löst sich das erste Shuttle vom Mutterschiff. Die  Vorhut sondiert das Terrain. Am Steg wird ein Partyzelt errichtet mit einem Wasserspender und Infoschalter, damit die Kreuzfahrer nicht gleich bei der Landung überfordert sind und verloren gehen. Keine 100 Meter weiter wird ein erste Hilfe-Zelt aufgestellt falls auf dem beschwerlichen Weg dazwischen schon erste Überlastungsopfer zu beklagen sind. Der Weg ist bereitet für das Gros der "Entdecker".

Ein Lavastrom aus Sunblocker- Maskierten bewaffnet mit Kameras und Geldbörsen ergießt sich über die unschuldige Palmeninsel wie eine Naturgewalt. Zum Glück fällt der Kulturschock nicht allzu stark aus. Es gibt wie zu Hause ein Shoppingcenter mit dem exotischen Unterschied, dass die Verkaufsstände aus Bambus und Pandanus hergestellt sind. Auch die Souvenirs sind durchwegs im "Südseestil". Erst auf den zweiten Blick zeigt sich, dass alles aus China oder Thailand ist.

In der Mitte der Shoppingmall befinden sich lange Bänke wo von den Einheimischen Frauen Dutzenden Besucherinnen gleichzeitig Zöpfchen ins Haar geflochten werden.

Jene die noch weiter in die vanuatische Kultur eintauchen wollen, müssen keine zwanzig Schritte weiter gehen. Dort findet eine Tanzveranstaltung inklusive Häuptlingsansprache statt. Die Tänzer haben irgend wie vertraut aussehende Wadelgamaschen und Lendenschürze an. Es sind die bunten Plastikbänder aus denen die Staubwedel im 1 € Shop gemacht sind.

Auf dem Rückweg zum Pier steht ein kleiner Junge mit Blätter- Lendenschurz und einem Stecken in der Hand. Die Touristen finden ihn "cute" und kaum jemand kommt an dem kleinen vorbei ohne ein gemeinsames Foto um 5$ gemacht zu haben. Diesen Zahltag kann er mit keiner Schulausbildung mehr toppen. Auch der nächste Dorfbewohner hat eine gute Geschäftsidee. Er setzt den Touris einen grünen Leguan auf die Schulter und verlangt ebenso 5$ pro Foto.

Das wöchentliche Schildkröten markieren wird in einem weiteren Stand angepriesen. Das ganze wirkt höchst wissenschaftlich. Hoffentlich wird der letzten dem Kochtopf entgangenen Schildkröte die selbe Markierung immer wieder angelegt, sonst hätte sie bald mehr Piercings als ein Punk vom Karlsplatz.

A propos Kochtopf. Natürlich darf der Kanibalensuppentopf nicht fehlen mit dem man sich ablichten kann.

Zum Glück steht bald das all inklusive Dinner auf dem Programm und die Insel wird genau so effizient wieder evakuiert wie sie überfallen wurde. Die friedliche Idylle ist wieder hergestellt. Kaum ist der letzte Rollator im Bauch des Monsters verschwunden wird der Anker gelichtet und die nächste Insel ins Visier genommen, die am nächsten Tag heimgesucht wird.

Wir sind erleichtert noch einmal verschont und nicht vom Borg Kollektiv Zwangs assimiliert worden zu sein.

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Kommentare: 7
  • #1

    Vati (Samstag, 14 Oktober 2017 18:15)

    Wir alle leben in einer modernen Welt, die eine Mobilität ermöglicht, die man eben - je nach Lebensumständen - auch unterschiedlich nutzt.
    Und wir alle werden vielleicht einmal Rollatoren brauchen.
    P.S.: ich will und werde nie im Leben eine Kreuzfahrt machen - sehe aber das Problem mit Altersmilde (noch ohne Rollator)
    LG

  • #2

    Helene (Sonntag, 15 Oktober 2017 14:01)

    Wer ist denn da ein Trekkie??
    Für die Einheimischen ist das wahrscheinlich ein super Geschäft, so gesehen doch eigentlich eine gute Sache!
    Aber ja der Massentourismus ist sonst auch nicht so mein Ding...

  • #3

    Alexander (Sonntag, 15 Oktober 2017 16:11)

    Ein Teufelskreis: ohne Tourismus kein Geld, mit Tourismus zu viel leichtverdientes Geld; beides schlecht....nur wohin soll der Weg für diese kleinen abgeschiedenen Völker denn gehen?.......ich weiss es nicht.

  • #4

    Alexander (Sonntag, 15 Oktober 2017 16:14)

    Wer darf am Paradies teilhaben?.....für wem ist es ein Paradies?

  • #5

    Wolfgang (Freitag, 20 Oktober 2017 12:42)

    Ich bin ertappt! Klar ist eigentlich nichts dagegen einzuwenden, schockierend ist es trotzdem...

  • #6

    dani (Freitag, 03 November 2017 23:31)

    nach soviel Kritik- sprachlich ist der Artikel sehr unterhaltsam. 100 punkte für die trekkie-analogien.
    die frage wem stehts zu das paradies zu besuchen bleibt also ein spannendes thema (s.a holy bible; koran..)
    ganz sicher aber sind diese kreuzfahrer für unsere welt so verderbenbringend wie einst cortez für die indianer-einfach weil die zehn grössten boote mehr emitieren als der GANZE AUTOVERKEHR der welt.

  • #7

    Jakob (Mittwoch, 29 November 2017 22:52)

    Den Artikel solltet ihr glatt einmal an ein Satire Magazin schicken. Sehr unterhaltsam. Ob man die Geschäftsidee mit den Leguanen nicht auch in Österreich ausprobieren könnte? Die Asiaten zahlen doch sicher für ein Bild mit Eichhörnchen.