Gastbeitrag: Hartmut und Brigitte in Sydney

 

Unsere Tage in Sydney

 

Ich hätte nie gedacht, noch einmal in meinem Leben eine so weite Reise antreten zu müssen, aber die Mutterliebe war zu stark. Brigitte wollte unbedingt wieder einmal ihren Sohn sehen.

Ich habe ihr vorgeschlagen, dass sie statt mir, mehr von ihrer berühmten, selbst gemachten Marmelade mitnehmen sollte. Aber sie ist nicht darauf eingegangen.

 

Natürlich muss ich im nachhinein gestehen, dass es sich gelohnt hat. Katharina und Wolfi sind ja inzwischen erfahrene Reiseleiter. Und sie haben uns mit viel Hingabe und Begeisterung zu Lande und zu Wasser alles gezeigt, was es in dieser schönen Stadt zu sehen gibt.

 

Sie haben uns traumhafte Buchten mit goldgelben Stränden gezeigt, haben uns in exotische Parks geführt, besonders eindrucksvoll der botanische Garten mitten im Herzen von Sidney.

Mit der Fähre haben wir die vielen Meeresarme die sich wie Adern durch diese Stadt ziehen, erkundet. Und natürlich haben wir alle Museen - Wild Life, Sea Life, Maritime Museum usw. besucht. Im Wild Life werden die Tiere des australischen Kontinents präsentiert. Neben den giftigsten Tieren der Welt (Schlangen), gibt es viele überaus herzige Tiere, wie den Koala. Besonders angetan hat es mir der Womba - ein überaus mögiger kleiner Dicker mit kurzen Füssen. Man fragt sich, wie so einer in der rauen Wildnis überleben konnte. Der hat sich aber über die Jahrmillionen eine eigene Kampftechnik zugelegt. Er zerdrückt seine Widersacher mit dem Hintern. Der absolute Star im Sea Life ist der Dugong, eine Seekuh, die Kathi und Wolfi schon in freier Wildbahn gesehen haben. Im Maritime Museum war am Eindrucks-vollsten die Nachbildung der Endeavour, dem Schiff mit dem James Cook als Erster die australische Ostküste entdeckte.

 

Auf diesem Schiff konnte man hautnah erfahren, wie das Leben der Seeleute zu dieser Zeit ausgesehen haben musste, eingepfercht auf engstem Raum, immer bedroht von der neunschwänzigen Katze, die so harmlos ausgesehen hat und die die Haut unbotmäßiger Matrosen zerfetzte. Wir haben auch sonst viel über die Geschichte Australiens erfahren, dem hoffnungslosen Kampf der Aborigines, dem Kampf der Slumbewohner gegen Zwangs-evakuierung um für Hochhäuser Platz zu machen, dem Schicksal der in England Verurteilten,

die, wenn sie denn einmal freigelassen wurden, den Frauen als Diener zugeteilt wurden. Ein schöner Brauch, der sich aber irgendwie nicht durchgesetzt hat.

 

Sehr beeindruckend fand ich das riesige Heer tausender freiwilliger, älterer Herren, die in diesen Museen mit großem Sachverstand und mit der unvergleichlichen Gelassenheit und Freundlichkeit englischer Gentlemen den wissenshungrigen Touristen alles erklärten.

 

Jedes Land hat seine eigene Geschichte. In Australien allgegenwärtig ist immer noch die Schlacht um Gallipoli im ersten Weltkrieg, ein Ereignis, das wir in unserem Geschichtsunterricht nicht einmal als Fußnote mitbekommen haben. Jedes Jahr erinnert ein Gedenktag daran, und in einem Park in Sidney steht ein großes Denkmal. In dieser Schlacht, die die Türken gewonnen haben, und die den Ruhm von Kemal Atatürk begründet hat, ist ein erheblicher Teil der jungen Australier, die in Freiwilligenverbänden unter britischem Oberbebefehl gedient haben, verblutet. Ein australischer Freund von Wolfi hat mir das so erklärt: Unter feindlichem Feuer haben die Briten die australischen Freiwilligen vor ihren Panzern herlaufen lassen, damit ihre Panzer nicht beschädigt werden.

 

Diese neu gewonnenen Kenntnisse haben dazu geführt, dass ich auf dem Rückflug einen Film über diese Thema angesehen habe - Water Diviner (Das Versprechen eines Lebens) mit Russell Crowe. Für mich als Vater einer der berührendsten Filme, die ich je gesehen habe.

 

 

Natürlich gäbe es noch viel mehr an Sehenswürdigkeiten zu erwähnen - die weltberühmte Oper, der Fischmarkt z.B. oder eines der schönsten Kaufhäuser dieser Welt. Man kriegt irgendwie ein bisschen so etwas wie Nationalstolz, wenn man die riesige Tanne aus Plastik inmitten des Gebäudes sieht, die mit Tausenden von kunstvollen Glassternen von Swarovski behängt, im Lichterglanz erstrahlt. Oder beim Anblick des Old Vienna Café, wo ein Stückchen nicht ganz originaler Sachertorte € 10,- kostet.

 

Wenn wir gerade bei den Preisen sind. Sydney erleidet das gleiche Schicksal wie inzwischen viele Städte. Die Jungen können sich das Wohnen nicht mehr leisten und sind gezwungen, in weit entfernte Außenbezirke zu ziehen. Eine typische Doppelhaushälfte, einstöckig, ohne Keller mit einer Bauqualität wie bei uns vor hundert Jahren mit kleinem meist ungepflegtem Vorgarten in einem Außenbezirk kostet mehr als 1 Million Euro.

 

Doch Sydney gehört zu den Städten, die man mag. Das liegt sicher an den vielen grünen Parks, dem allgegenwärtigen Meer mit seinen Seitenarmen, die sich durch die Stadt ziehen, der Sauberkeit und Ordnung, an den vielen kleinen einstöckigen Häusern, die sich ihren viktorianischen Charme bewahrt haben, neben Vierteln mit Wolkenkratzern, aber sicher auch an den Menschen. Es ist eine geschäftige, offensichtlich gut funktionierende Multikulti-gesellschaft mit deutlichem asiatischem Einschlag. Besonders gern haben wir in Chinatown gegessen mit sensationellen Gerichten, um Kathi beim Kochen zu entlasten, damit sie sich mehr ihren Admiralspflichten widmen konnte.

 

 

Und das alles ohne Stress. Unser Boot lag mitten in der Stadt vor Anker. In wenigen Minuten waren wir mit dem Bus in der Stadtmitte. Wir haben nur das gemacht, was uns gefreut hat. Das Wetter war warm aber mit einigen Regenschauern. Trotzdem sind wir nie nass geworden. Einige touristische "must see" haben wir uns geschenkt. So sind wir gemütlich über die Harbour Bridge geschlendert und nicht, wie im Reiseführer empfohlen, um 300 $ oben drüber.

 

Danke Wolfi und Kathi. Ihr habt uns Provinzlern wieder einmal das Tor zur großen weiten Welt aufgestoßen.

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Helene (Freitag, 15 Dezember 2017 12:15)

    Das klingt ja toll!! Freue mich schon sehr, wenn ich die Touren von den beiden Reiseleitern bekomme!

  • #2

    Alexander (Sonntag, 17 Dezember 2017 20:59)

    Danke für die schönen Bilder und den eindrücklichen Reisebericht!
    Da hat sich der lange Flug, unabhängig vom Wiedersehen, auch aus touristischer Sicht sehr gelohnt.

  • #3

    Familie Angermann (Donnerstag, 21 Dezember 2017 20:56)

    An die erfolgreichen Weltenbummler Katharina und Wolfgang!
    Wir Mallnitzer, die die große weite Welt z.B. auch aus Euren Reiseberichten kennen lernen schicken Euch viele Grüße und gute Wünsche für die Weihnachtszeit und das kommende Jahr!
    Valerie und Werner Angermann vom Haus Samer.