Überfahrten Südatlantik

Ereignisreich startet unser erster Versuch in den Südatlantik aufzubrechen. Gleich bei der Hafenausfahrt kommen wir an zwei Sükaper Walen vorbei. Wir setzen die Segel und bemerken bald dass der Wind nicht ausreicht uns vor Einbruch der Dunkelheit aus dem dichten Schiffsverkehr um Kapstadt heraus zu befördern. Wir wollen die Maschine starten, diese macht aber keinen Muckser mehr. Zum Glück finden wir in einem unserer schlauen Bücher den Tipp während des Motorstartens ganz russisch mit einem Schraubenzieher auf den Anlasser zu klopfen. Überraschender Weise gelingt es uns damit die Maschine noch ein Mal in Gang zu bringen.

 

Wir beschließen die zwanzig Meilen nach Kapstadt zurück zu fahren und mit voll funktionstüchtigem Anlasser in den Atlantik aufzubrechen. Inzwischen hat die Dämmerung eingesetzt und wir müssen wohl oder übel eine Nachtansteuerung machen. Die Wale tummeln sich immer noch vor der Hafeneinfahrt und Wolfi sieht keine 50 m vor dem Boot eine riesige Flosse aus dem Wasser ragen. Langsam hüllt sich auch noch alles in eine dicke Nebelsuppe. Gespenstisch tauchen die Seezeichen erst kurz vor deren Erreichen aus dem Nebel auf. Mit minimaler Geschwindigkeit tasten wir uns in den Hafen zurück. Über Funk und mit unserem Nebelhorn warnen wir die anderen Boote. Im Yachthafen angekommen legen wir uns erleichtert an den ersten, freien Liegeplatz. Trotz Wochenende schaffen wir es innerhalb von drei Tagen einen neuen Anlasser zu bekommen und zusätzlich noch unseren alten reparieren zu lassen.

 

Der zweite Versuch von Kapstadt wegzukommen gelingt reibungslos und bald sind wir unter traumhaften Passatbedingungen unterwegs. Wir sehen wieder Seebären, Südkaper Wale und sogar Pinguine im Wasser. Alle nützen das „Running Sushi“ des Benguela-Stroms. Sehr konstant mit 13 bis 16 Knoten von schräg hinten gleiten wir auf ruhiger See unserem Ziel entgegen. Planmäßig erreichen wir nach vierzehn Tagen die felsige Insel St. Helena mitten im Südatlantik.

 

Auch die Weiterfahrt nach Ascension Island findet im traumhaften Südost-Passat statt. Wir kommen gut voran und erreichen die Insel ohne die geringsten Schwierigkeiten nach einer Woche.

 

Erst der nächste Törn von Ascension Island auf die Kap Verde Inseln hält wieder neue Herausforderungen für uns bereit. Nach drei Tagen ist nämlich Schluss mit den angenehmen Passatbedingungen. Wir erreichen wieder einmal die Kalmenzone auch ITCZ oder auf englisch „Doldrums“ genannt. Es handelt sich um die chaotische Übergangszone um den Äquator. Die Durchquerung dieses ca. 300-400 Meilen breiten Gürtels erfordert ständige Aufmerksamkeit. In kurzer Abfolge wechseln Sonnenschein, Wolken und Sintflutartiger Regenfall einander ab. Nächtelang blitzt es um uns herum wie in einer Disko und das Donnergrollen nimmt kein Ende. Flauten und kurze, starke Böen mit ständigen Windrichtungsänderungen halten uns in Schach. Erst auf 4° Nord stabilisieren sich die Bedingungen wieder. Allerdings haben wir kein Glück und der Wind kommt aus NNO (ca. 10°). Gegenwind bedeutet Aufkreuzen. Vergleichbar mit Serpentinen auf einer Bergstraße müssen wir jede Meile in Richtung Ziel doppelt zurücklegen. Dazu kommen noch hohe Wellen. Mehrmals pro Minute macht unser Boot einen krachenden Bauchfleck wenn es in eines der tiefen Wellentäler fällt. Alles scheppert und vibriert. Wir entscheiden uns die Segel zu reffen und Geschwindigkeit aus dem Boot zu nehmen. Einen Schaden zu riskieren macht an diesem abgelegenen Ort absolut keinen Sinn. In Summe werden unsere Etmale immer kleiner und kleiner. Ausgerechnet an Kathis Geburtstag erreichen wir den frustrierenden Tiefpunkt mit mickrigen 51 Seemeilen in 24 Stunden. Eine nervende Woche lang kommt Kathi kaum aus ihrer „Höhle“ der Hinterkabine heraus und lässt die Ohrstöpsel Tag und Nacht drinnen. Sie erinnert Wolfi an einen Grottenmolch.

 

Irgend wann wendet sich das Blatt und der Wind dreht deutlich Richtung Osten. Wir können wieder direkt Kurs auf Santo Vicente nehmen und sprinten wie befreit drauf los. Nach zwanzig Tagen haben wir eine unserer mühsamsten Fahrten endlich überstanden. Wir laufen erleichtert in die Marina von Mindelo ein.

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Kommentare: 6
  • #1

    Helene (Dienstag, 23 April 2019 10:54)

    Das klingt nicht sehr angenehm. Schön, dass ihr die Überfahrt gut überstanden habt!
    Grottenmolch ist ein witziger Vergleich :)

  • #2

    Alexander (Dienstag, 23 April 2019 12:43)

    Das klingt so wie es sich auch ein Laie vorstellt...erstaunlich, was kleine Boote alles aushalten.....da kommt man wohl kaum zum Schlafen, glücklicherweise gut überstanden!
    Liebe Grüße

  • #3

    Alexander (Dienstag, 23 April 2019 12:44)

    P.S.: ist das ein kleiner Thunfisch?

  • #4

    Herbert Daxböck (Freitag, 26 April 2019 11:02)

    Liebe Weltensegler!
    Weiterhin alles Gute und vor allem auch Sichere auf dem Heimweg Richtung Europa.
    Das leckere Essen in Frankreich wartet schon...
    Herbert alias Daxi,
    =der mit der Eisenbahn Affinität und daher auch dem Kontakt mit Eurem Vati
    Nochmals gut Wind!

  • #5

    Katharina (Sonntag, 28 April 2019 18:43)

    Hallo Onkel,
    das war ein Mahi Mahi - sehr gut.
    schlafen geht komischer weise immer gut, mit Ohrstöüsel in der Grotte

  • #6

    Vati (Montag, 29 April 2019 06:59)

    mühsame Fahrt - aber ihr habt es ja nicht eilig
    wünsche für den Rest der Fahrt perfekten Wind