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Kapstadt

Nach den Entbehrungen des indischen Ozeans und den teilweise ungemütlichen Orten an der Südafrikanischen Ostküste dürfen wir hier endlich wieder einmal so richtig entspannen und das Stadtleben genießen. Damit wir voll auf unsere Kosten kommen legen wir unser Boot in die V&A-Marina im Zentrum der Stadt. Vom Konditor bis zum Museum ist alles fußläufig erreichbar.

Nach ein paar ruhigen Tagen mit gutem Essen und gemütlichen Spaziergängen bringen wir unser Boot wieder etwas auf Vordermann. Nun sind wir bereit für das ernsthafte Touristenprogramm. Wir besuchen den fantastischen botanischen Garten namens Kirstenbosch fahren in die nahe gelegene Weinregion Stellenbosch, schauen uns das Naturschutzgebiet am Kap der guten Hoffnung an. Simons-town mit Pinguinen, die obligatorische Seilbahnfahrt auf den Tafelberg mit spektakulären Panorama-Ausblicken, das Museum zeitgenössischer Kunst, Parlament und Parks sowie Cafés im Stadtzentrum und und und...

Unsere drei Wochen in der sogenannten „Mother City“ gehen wie im Flug vorbei. Es gibt sehr viel zu sehen. Besonders attraktiv und interessant ist wie urbane Elemente mit Naturschutzgebieten und der industriellen Hafentätigkeit auf kleinstem Raum unterkommen und interagieren. Mitten im Hafenbecken zwischen Fischkuttern, Yachten und schicken Touristencafés befindet sich eine Robbenkolonie. Neben noblen Gourmetrestaurants sind Werftanlagen. Keine Hundert Meter hinter dem Museum für zeitgenössische Kunst werden Ozeanriesen entladen. Mit der Seilbahn ist man in zehn Minuten (+2h anstehen) in einer einzigartigen Naturlandschaft am Tafelberg. Riesige Wale tummeln sich direkt vor der Hafeneinfahrt. Das Nebeneinander von auf den ersten Blick nicht kompatiblen Elementen gelingt in dieser Stadt auf beeindruckende Weise.

Wir sind dementsprechend begeistert. Allerdings merkt man nach einiger Zeit, dass man sich wie unter einer Käseglocke befindet. An jeder Ecke gibt es Sicherheitspersonal und Überwachungskameras. Es gibt praktisch keinen öffentlichen Verkehr. Nur mit (Uber)Taxis oder Privatautos kann man sich weitere Strecken fortbewegen, alles andere ist zu gefährlich. Der Verkehr ist dementsprechend katastrophal. Die Armut mit all ihren Problemen ist in die Townships zwischen die Autobahnknoten ausgelagert. Mit gigantischem Aufwand wird eine kleine, heile Welt für die Reichen und Touristen mitten im Chaos des restlichen Landes aufrechterhalten.

Doch das Chaos holt die Stadt regelmäßig ein. Zum Beispiel mit Stromausfällen. Während unseres Aufenthaltes gab es drei Mal täglich für zwei Stunden eine Stromabschaltung. Eine Stadt ohne Strom ist komplett aufgeschmissen. Obwohl einige Hotels und andere Firmen Generatoren angeschafft haben funktioniert dann im Grunde gar nichts mehr. Man kann kein Geld wechseln, kein Kaffee trinken und keine Kartenzahlung mehr machen. Ampeln fallen aus, Klimaanlagen und sogar die elektronische Tür zum Hafen-Wc gibt den Geist auf. Einmal ist Kathi in den Sanitäranlagen eingeschlossen. Zum Glück sind wir auf der Plastik Plankton stromautark!

Wie kann das passieren in einem Land mit riesigen Kohlevorkommen sowie Wind und Sonne im Überfluss? Seit 1998 ist klar dass Südafrika neue Kraftwerkskapazitäten benötigt, wegen der Bevölkerungsexplosion (Verdoppelung). Ebenfalls klar ist dass Kraftwerksneubauten eine lange Vorlaufzeit haben. Das Management des staatlichen Elektrizitätsbetreibers war aber zu sehr damit beschäftigt Geld zu veruntreuen und Quotenregeln umzusetzen und hat den Ausbau und sogar die Wartung der bestehenden Anlagen sträflich vernachlässigt. Zwanzig Jahre später sind die alten Anlagen am Ende und neue wurden keine gebaut. Das Land versinkt allmählich in der Dunkelheit.

À pros pos Quotenregelung: Um den vormals unterdrückten Bevölkerungsschichten unter die Arme zu greifen wird eine auf Quotenregeln basierte Personalpolitik in praktisch allen Bereichen erzwungen. Die Bevölkerung wird wie zu Apartheitszeiten in „Whites“, „Coloured“ und „Africans“ eingeteilt. Der Ausdruck „Africans“ für die schwarze Bevölkerung suggeriert, dass die anderen Gruppen nicht als Afrikaner anerkannt werden, obwohl sie teilweise schon seit Jahrhunderten im Land wohnen. Wie soll so Entspannung und Versöhnung gelingen? Jede Firma muss in allen Bereichen Leute der verschiedenen Gruppen nach den demographischen Verhältnissen einstellen und zwar nicht wie in Europa bei der Frauenquote üblich bei gleicher Qualifikation sondern unabhängig von der Qualifikation.

Vor einem Jahr ging die Schlagzeile um die Welt: Kapstadt ist die erste Großstadt, der das Wasser ausgeht. Es wurde der Klimawandel und zum Teil sogar das vor 25 Jahren abgeschaffte Apartheitsregime verantwortlich gemacht. Tatsächlich wurde auch die Wasserinfrastruktur vernachlässigt. Kapazitäten wurden nicht ausgebaut, Anlagen wurden nicht gewartet. Die Lage hat sich vorläufig wegen üppigen Regenfällen nicht wegen verbessertem Management entspannt.

Es ist traurig mit anzusehen, wie ein Land mit sehr viel Potential hinuntergewirtschaftet wird.

 

Bei all dem Chaos gibt es doch etwas verblüffend erfolgreiches. Die oft verteufelte Digitalisierung zeigt hier eine ihrer Stärken. Die umstrittene Taxisoftware Uber hat es mittels Profilen und Bewertungsfunktion geschafft, dass in Mitten der Gewalt und des gegenseitigen Misstrauens jeder zu jeder Tages und Nachtzeit sich ein solches Uber-Taxi rufen und bedenkenlos einsteigen kann. Sowohl Fahrer als auch Fahrgäste verzichten zwar auf ihre Anonymität, bekommen dafür aber komplette Sicherheit und ein konfliktfreies Miteinander. Beim Einsteigen wird man per Vorname angesprochen. Preis und Destination sind bereits festgelegt. Alle halten sich an das Vereinbarte und behandeln einander mit Respekt. So einfach kann es gehen.

Unser Aufbruch aus Kapstadt scheitert nach nur zehn Meilen als der Wind einschläft. Wir versuchen die Maschine zu starten, sie macht keinen Muckser. Der Anlasser hat den Geist aufgegeben. Zum Glück finden wir in unseren Manualen den Tipp während des Startvorgangs auf den Anlasser zu klopfen. Und tatsächlich springt der Motor noch einmal an. So wollen wir nicht die 6000sm nach Europa antreten. Wir beschließen noch einmal umzukehren und einen neuen Anlasser zu besorgen. Wir erreichen Kapstadt erst in der Dunkelheit fahren knapp an einem schlafenden Wal vorbei und die Nachtansteuerung wird auch noch durch Nebel erschwert. Im Yachtclub legen wir uns einfach an den erst besten freien Platz. Wegen des Wochenendes verzögert sich die Reparatur und wir können erst am Montag tatsächlich nach St. Helena aufbrechen.

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Stellenbosch

 

Nach unserer mühsamen Fahrt beschließen wir nochmal Urlaub vom Boot zu nehmen.

Unseren ursprünglichen Plan mit dem Zug nach Stellenbosch zu fahren geben wir schnell auf nachdem wir uns bei einem Spaziergang in der Stadt Richtung Bahnhof verlaufen und wegen dubioser Gestalten ganz schnell wieder umdrehen. Auch einer unserer Uber-Fahrer erzählt uns dass der Zug nicht sicher ist.

Wir buchen einen 2-tägingen Wein-Hopper-Bus und Transfer von Kapstadt aus.

 

Die Fahrt dauert etwa 1 Stunde, die Vorstädte und Slums von Kapstadt gehen mehr oder weniger nahtlos in die der Nachbargemeinden über. Irgendwann erreicht man dann das Zentrum von Stellenbosch. Rechts der Hauptstraße Slum und gefährlich, links Altstadt mit netten weiß getünchten Häusern, Cafes, Restaurants, einer Universität mit 30.000 Studenten.

Unser Quartier für die nächsten 4 Tage ist die Ryneveld Lodge gleich hinter der Universität. Wir sind in einem der Cottages untergebracht die früher einmal Sklavenquartiere waren. Schilfdach, Holzfußboden, ein Himmelbett, in der Badewanne fehlt der Stöpsel – wahrscheinlich damit man Wasser spart.

 

Wir fahren mit dem Wein-Hopper zu 3 Weingütern und einer Brandy Destillerie, wir verkosten guten aber sehr teuren Brandy und sehen wie Fässer hergestellt werden.

Beim Weingut Spier gibt es einen Raubvogelpark wo man Eulen streicheln kann außerdem einen Teich mit Picknickplätzen und einen netten Spazierweg sowie Hotel und Restaurants. Weinanbau ist meist nicht mehr die Haupteinnahmequelle.

Mittags gibt es lokalen Schinken, Brot, Käse und Wein unter einem schattigen Baum.

 

In der Stadt besichtigen wir einige der historischen Gebäude, den botanischen Garten (mit einer Vielzahl an den hier einzigartigen Pflanzen), die Universität und den alten Krämerladen. Das Zentrum ist sicher, es gibt Security und an jeder Ecke Videoüberwachung. Hier sind hauptsächlich Touristen und Studenten unterwegs.

 

 

Voller schöner Eindrücke und entspannt kommen wir nach 4 Tagen nach Kapstadt zurück wo wir uns gleich in die Vorbereitungen zur Abfahrt werfen. Das wars dann mit der Erholung!

 

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